„Wild Wild Web”: Vom DJS-Projekt zum Erfolgspodcast

Sandro Schroeder

Foto: Adobe Stock / Alex from the Rock

„Wild Wild Web” ist mit über einer Million Abrufen eine der Podcast-Überraschungen der letzten zwei Jahre gewesen: Die erste Staffel, „Die Kim Dotcom Story”, über den Internetunternehmer hinter der Filesharing-Website Megaupload, wurde eine der erfolgreichsten Doku-Serien des Bayerischen Rundfunks. Die Idee hatten Auszubildende in einem Podcast-Kurs an der Deutschen Journalistenschule (DJS) in München.

Das Podcast-Team aus Janne Knödler, André Dér-Hörmeyer, Benedikt Dietsch und Simon Garschhammer wurde für die erste Staffel nicht nur mit dem Axel-Springer-Preis für junge Journalisten ausgezeichnet, sondern gewann auch den Deutschen Podcast Preis in der Kategorie „Bestes Scrikt/Beste:r Autor:in”. Im Januar 2022 folgte die zweite Staffel, wieder über einen Internet-Nerd, den Gründer des Pornhub-Imperiums und dessen popkulturellen Einfluss. Im Interview gibt Janne Knödler Einblicke hinter die Kulissen des Formats.

Wie bist du zu Podcasts gekommen, Janne?

Janne Knödler: Podcasts machen kommt ja von Podcasts mögen. Ich bin eigentlich über Podcasts zum Journalismus gekommen. Meine ersten journalistischen Erfahrungen waren beim Campusradio. An der DJS hatten wir einen Kurs zu Podcasts. Da entstand die Idee für den Podcast „Die Kim Dotcom Story”. Daraus wurde die erste Staffel von „Wild Wild Web”.

Bei Wild Wild Web” bist du eine der Autor:innen im Team, aber auch Podcast-Host. Wusstest du von Anfang an, dass du vor das Mikrofon willst?

Knödler: Nein, ich finde es immer noch sehr aufregend, vor dem Mikro zu sein. Gleichzeitig macht es aber Spaß, vor allem, da man als Host die Freiheit hat, die Tonalität eines Podcasts zu gestalten. Technologien und Internet sind meine Themen. Man muss sich aber erst mal trauen, seine Persönlichkeit in die Host-Rolle einzubringen. Bei der ersten Staffel ist mir das noch weniger gelungen. In der zweiten Staffel ging es um Pornhub und wir haben versucht, unsere Beziehung dazu stärker zu thematisieren.

„Wild Wild Web”: Drei Edit-Runden pro Folge

 

Wie hast du deine Stimme und Sprache als Host empfunden?

Knödler: Im Podcast bin ich keine Kunstfigur, sondern ich rede, wie ich rede. In der zweiten Staffel hosten André Dér-Hörmeyer und ich zusammen. Das ist unsere Sprache und unsere Herangehensweise und bis auf die Versprecher ist sehr wenig geglättet. Das war uns wichtig. Einerseits gibt es natürlich Regeln für das Schreiben für das Hören, das ist Handwerk. Andererseits war es für mich wichtig, darauf zu achten, wie andere Leute Sätze bauen und wie ich selbst spreche. Ich habe mich auch teilweise beim Skript-Lesen auf dem Handy aufgenommen und immer wieder angehört. Um festzustellen, wo es hapert oder komisch klingt.

Wie habt ihr gearbeitet? Hattet ihr ausformulierte Skripte im Studio?

Knödler: Wir haben mit Edit-Runden gearbeitet, auch table reads genannt. In denen habe ich mein Skript gelesen und die O-Töne gespielt. Damit man auch wirklich hört, wie alles zusammen funktioniert. Anschließend haben alle im Team ihr Feedback notiert. Vier Autor:innen und zwei Redakteure. Bei den meisten Folgen haben wir, glaube ich, drei Edit-Runden gemacht, in denen wir wirklich die ganze Folge in ganzer Länge durchgegangen sind und alles umgeschrieben haben. Und dann habe ich das Skript mindestens nochmal genauso so oft für mich gelesen und umgeschrieben. Jede Edit-Runde macht einen Podcast besser. Als wir schließlich im Studio waren, war fast alles ausformuliert. Dann wird nicht mehr viel am Skript gearbeitet.

»Man braucht Zeit, um Sachen zu klären, die man leicht mal vor sich herschiebt: Was ist die Rolle der Hosts? Was ist die allererste Szene des Podcasts? Was ist der Claim, dieser Satz, den wir zehnmal sagen werden?«

Janne Knödler, „Wild Wild Web”-Host

Ein guter Podcast braucht Zeit

 

Wie lange habt ihr von der ersten Idee bis zur fertigen Folge an Wild Wild Web” gearbeitet?

Knödler: Schwer zu sagen, weil wir bei beiden Staffeln am Anfang Phasen hatten, in denen wir lose und nicht Vollzeit recherchiert haben. Bei „Die Kim Dotcom Story” hatten wir das Thema im Juni anrecherchiert, im Dezember gab es die ersten Gespräche mit dem Bayerischen Rundfunk. Dann haben wir angefangen, Gesprächspartner zu suchen und Interviews zu führen. Wir haben die sechs Folgen aufgeteilt, jede Folge hatte eine:n Haupt-Autor:in. Wir haben uns aber auch gegenseitig Material zugeliefert, vor allem Interviews. Das waren zweieinhalb Monate Kernproduktionszeit, bis wir schließlich für die Staffel vier Produktionstage im Studio waren. Da lohnt es sich, wenn man sein Material gut kennt.

Was hast du aus der ersten und der zweiten Staffel gelernt?

Knödler: Zeit ist am wichtigsten. Davon hätte man natürlich immer gerne mehr. Aber es ist definitiv wichtig, diese Edit-Runden zu haben und am Ende wirklich zufrieden zu sein. Nicht zu 100 Prozent, aber mit einem ‚Jetzt funktioniert es!’-Gefühl. Zudem braucht man Zeit, um Sachen zu klären, die man leicht mal vor sich herschiebt: Was ist die Rolle der Hosts? Was ist die allererste Szene des Podcasts? Was ist der Claim, dieser Satz, den wir zehnmal sagen werden? Wie wollen wir diesen Podcast eigentlich herausbringen und für wen? Das sind zentrale Entscheidungen, für die es Zeit braucht.

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