Relevanzreporter: Konstruktiver Lokaljournalismus für Junge

Von Lisa Plank
Relevanzreporter

Unabhängig, konstruktiv und inklusiv: Das sind die Relevanzreporter. / Screenshot: Instagram

Unabhängig, konstruktiv und inklusiv: Die Relevanzreporter aus Nürnberg wollen mit ihrem Ansatz für Lokaljournalismus festgefahrene Strukturen durchbrechen – und eine junge Generation für regionale Inhalte begeistern.

Wer guten Lokaljournalismus will, schlägt die Tageszeitung auf. Wer sich konstruktive Nachrichten wünscht, wird bei einschlägigen Onlinemedien fündig. Warum nicht das eine mit dem anderen verbinden? Diese Frage hat sich Alexandra Haderlein gestellt und 2020 ein Lokaljournalismus-Projekt für junge Menschen gestartet. Was als „Lokalblog Nürnberg” begann, sind heute die Relevanzreporter: Ein diverses Team aus Journalist:innen, die Lokaljournalismus neu denken wollen.

„Nürnberg braucht nicht mehr Nachrichten, es braucht andere”, ist Alexandra Haderlein überzeugt. Deshalb setzen die Relevanzreporter auf Trends, die die Medienbranche schon seit einiger Zeit beschäftigen: Statt Information-Overload soll es intensiv recherchierte, differenzierte Inhalte geben. Sie sollen konstruktiv sein und Chancen aufzeigen, statt nur über schlechte Nachrichten zu informieren. Und die Leser:innen können sich als Community aktiv mit Themenvorschlägen einbringen und exklusiven Zugang zu Recherchen erhalten.

Um die Unabhängigkeit des eigenen Journalismus zu garantieren, wollen sich die Relevanzreporter unter Haderlein nicht von Werbeeinnahmen abhängig machen. Lange Zeit lief die Finanzierung deshalb aus eigener Tasche oder in Form von ehrenamtlicher Arbeit und Spenden. Nach einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne 2021 haben die Relevanzreporter nun auch finanziell den Sprung ins neue Jahr geschafft.

Wir haben mit Gründerin und Chefredakteurin Alexandra Haderlein über ihren eigenen Weg, konstruktiven Journalismus und den Community-Aspekt der Relevanzreporter gesprochen.

Alexandra Haderlein über Konstruktivität statt Info-Overload

Frau Haderlein, wie haben Sie sich von der Journalistin zur Gründerin entwickelt?

Alexandra Haderlein: In meiner Arbeit als Zeitungsmacherin habe ich bemerkt, dass ein Informationsspalt zwischen jungen Leuten und den Medien entstanden ist. Die Millennials, also die 24- bis 39-Jährigen, zu denen auch ich gehöre, haben Interesse an lokalen Nachrichten, definieren diese aber komplett anders als Zeitungen. Dementsprechend können sie mit lokalen Nachrichten aus den klassischen Medien nichts anfangen.

Alexandra Haderlein. Foto: Thomas Geiger

 

Das ist auch auf gesellschaftlicher Ebene wichtig. In dem Moment, in dem meine Generation keinen Bock mehr auf lokale Nachrichten hat, entsteht sehr viel Raum für Filterblasen und Verschwörungstheorien. Ich möchte dafür sorgen, dass der Nachrichtenfaden von den Medienschaffenden zu den Nutzer:innen nicht abreißt.

Deshalb habe ich im Januar 2020 meinen Job bei den Nürnberger Nachrichten gekündigt. Ich hatte damals das Gefühl, die Leser:innen nicht mehr zu erreichen und ich wusste, dass ich etwas anderes machen möchte. Aber zu dem Zeitpunkt hatte ich nur die diffuse Idee, etwas Eigenes aufbauen zu wollen. Dass ich am Ende ein Start-up gründen und konstruktiven Lokaljournalismus für Junge machen würde, wusste ich noch nicht.

Was ist konstruktiver Journalismus und weshalb halten Sie diesen Ansatz für wichtig?

Haderlein: Konstruktiver Journalismus ist lösungsorientiert, nuanciert und zu einer demokratischen Debatte anregend. Das bedeutet, wir stellen nicht nur zwei Gegenpole gegenüber, sondern zeigen bewusst auch einmal die Graustufen. Das macht einen Text komplizierter und vielleicht auch etwas langweiliger, weil wir eben nicht nur zwei Extreme zeigen. Aber dafür zeigen wir die Welt, genau wie sie ist. Ich finde, das können wir unseren Leser:innen schon zutrauen.

Zu einer demokratischen Debatte anregend bedeutet, dass unsere Arbeit in irgendeiner Form dazu beitragen soll, dass Menschen sich mit bestimmten Themen auseinandersetzen. Das soll aber nicht passieren, indem unsere Leser:innen aufgehetzt werden, im besten Fall bekommen sie Lösungen für aktuelle Probleme an die Hand gegeben.

Zusätzlich sollen die Leser:innen in den Entstehungsprozess der Relevanzreporter und ihrer Inhalte einbezogen werden. Wie kann man sich das vorstellen?

Haderlein: Alles, was von den Relevanzreportern zu finden ist – egal ob der Name, das Design, das Bezahlmodell oder einzelne Recherchen – ist mit unseren Nutzer:innen gemeinsam entstanden. Wir haben eine Gruppe von Testnutzer:innen, mit denen wir alle Neuerungen durchsprechen und die uns Feedback geben. Als wir zum Beispiel Vorlagen für das künftige Design auf dem Tisch liegen hatten, haben wir die Nutzer:innen abstimmen lassen, was ihnen am besten gefällt. Aber auch die ganz normalen Leser:innen werden involviert. Mit unserem Newsletter verschicken wir Fragen an die Leser:innen: Wie findet ihr das Erzählformat? Sollen wir das öfter machen? Gibt es Fragen, die noch ungeklärt sind?

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